Qigong, die Arbeit am und mit dem Qi (jap.: Ki) stellt eine Synthese von Atmung, Meditation/Konzentration und Körperbewegungen dar mit dem Ziel, den Fluss des Qi im Körper zu aktivieren, zu stärken, zu harmonisieren und zu leiten. Die Atmung wirkt dabei wie ein Motor, der den Qifluss stimuliert, welcher dann von der Vorstellung Yi gelenkt wird, oftmals durch Körperbewegungen unterstützt.
Beim Einatmen der sauerstoffreichen Luft wird das Zwerchfell gespannt und senkt sich, der Brustraum und die Lungen weiten sich, der Bauchraum mit seinen Organen weicht nach unten und vorne aus. Beim Ausatmen läuft der Prozess umgekehrt, und die kohlendioxidreiche Luft wird ausgeschieden. Dies ist die „natürliche Atmung“, die wir am Tage und auch des Nachts meist unbewusst ausführen.
Bewusst wird sie uns zum Beispiel, wenn wir beim Karate außer Atem sind oder im Schlaf durch das eigene Schnarchen wach werden!
Beim Qigong erfolgt die „natürliche Atmung“ gleichmäßig und tief durch die Nase, der Übergang von Ein- und Ausatmen sollte nicht abrupt erfolgen, und man sollte auch nicht bis an die Grenzen der Lungenkapazität gehen.
Umgekehrte Bauchatmung
Eine weitere Methode ist die „regulierte Atmung“ (Tiaoxi), die auch oftmals als umgekehrte Bauchatmung bezeichnet wird. Wir alle kennen sie und haben ihre Extremform schon oft praktiziert: das Gähnen. Beim Einatmen sorgt das Tiaoxi für eine erhöhte Sauerstoffaufnahme, wobei das Zwerchfell gespannt, die Bauchdecken eingezogen und die Lungen erweitert werden. Außerdem werden weitere Muskeln im Kopf- und Halsbereich angesprochen. Beim Ausatmen können das Qi und auch das Blut optimal den Bauchraum fluten, es erfolgt eine Entspannung im ganzen Körper. Bekannt ist diese Übung auch als „Tuna-Methode“, mit der das Qi genährt und gepflegt wird. Sie kommt u. a. im Spiel der fünf Tiere (Wu Qin Xi) und auch in der Krebsbehandlung zum Einsatz.
Ein durch die Nase, aus durch den Mund
Beim „Qi-Atmen“ wird bewusst durch Nase ein- und durch den Mund ausgeatmet. Dabei sollen schädigende Stoffe auf diesem Wege verstärkt ausgeschieden werden. Verbunden ist diese Methode, die ebenfalls der Karzinombehandlung dient, auch mit speziellen Gehübungen.
Atmung mit Stimmeinsatz
Bekannter ist uns Karateka das „Atmen mit Stimmeinsatz“ durch den Kiai, die Harmonie und Einheit des Ki. Hier geht es darum, die Energie von Körper und Geist optimal zu bündeln, um eine maximale Wirkung zu erzielen. Im Qigong gibt es Übungen, deren Stimmeinsatz darauf zielt, durch Schwingungen positive Einflüsse auf innere Organe und Qi-Leitbahnen zu nehmen: die Sechs Heilenden Laute (Liu Zi Jue), die auch mit körperlichen Übungen verbunden sind. Die Töne werden zuerst laut, später dann leise, schließlich lautlos geübt; selbst mit der bloßen Vorstellung kann man Organe zum Schwingen bringen. Doch können diese sechs Laute nicht nur als Gesundheitsübung, sondern auch zur Verstärkung von defensiven und offensiven Techniken eingesetzt werden, was zum Beispiel im Kyusho-Jitsu und Kiai-Jitsu praktiziert wird.
Wuwei – natürlich atmen
Bei keiner der oben beschriebenen Methoden sollte man die Atemmuskulatur mit Gewalt einsetzen! Praktizierende und hier besonders Kranke sollten sich langsam und kontinuierlich an das gewünschte Ziel heranarbeiten. Nicht ungeduldig werden und etwas erzwingen wollen, sondern lieber natürlich geschehen lassen (Wuwei). Wenn man erkannt hat, welche Vorgehensweise der eigene Körper wählt, dann kann man diese verstärken. Das Problem ist nur, dass wir dabei Betrachteter und Betrachter, Objekt und Subjekt in einer Person sind. Somit ist es schwierig, unvoreingenommen zu sein. Außerdem verändert sich die Atmung, je nachdem, worauf unser Denken gerichtet ist.
Beispiel Manji-Uke
Konzentriere ich mich zum Beispiel beim Manji Uke auf den Gedan Barai, atme ich aus; bei Konzentration auf den Jodan Uchi Uke atme ich ein. Mache ich Manji Uke ohne besondere Achtsamkeit, atme ich ebenfalls ein. Das liegt wohl daran, dass bei dieser Technik der Brustkorb geweitet wird und sich die Lungen ganz natürlich mit Luft füllen.
Text: Dieter Kießwetter
Qigong… und die traditionelle chinesische Medizin
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(ema)