Bernd Milner im Interview

ShotokanInterview

(EMA) Bernd Milner ist der höchstgraduierte Karateka der Stilrichtung Shotokan im Deutschen Karate Verband. Im Rahmen der Deutschen Meisterschaft der Leistungklasse wurde ihm am 29. März 2014 in Coburg der neunte Dan verliehen. Minutenlange Standing Ovations sorgten bei allen Anwesenden für Gänsehautgefühl. Im Interview gewährt das Karate-Urgestein aus Bochum Einblick in sein bewegtes Karate-Leben.

Bernd, dir wurde bei der diesjährigen Deutschen Meisterschaft der Leistungsklasse der neunte Dan verliehen. Herzlichen Glückwunsch noch mal! Es gab minutenlange Standing Ovations. Wie hast du diesen Moment erlebt?
Natürlich wusste ich im Vorfeld von der Verleihung und hatte dafür alle nötigen Unterlagen beim DKV-Präsidenten Wolfgang Weigert eingereicht. Also war ich recht gefasst und dachte, die Leute klatschen etwas und dann kann ich mich wieder setzen. Aber dann war ich über die Reaktionen sehr überrascht und ich war auch sehr gerührt. Wer mich von nah gesehen hat, dachte sich bestimmt „Was macht er denn jetzt da?“ Ich war schon sehr überrascht. Die Leute standen ja nicht nur 30 oder 40 Sekunden, sondern drei oder vier Minuten. Und damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Das hat mich schon bewegt – sehr bewegt! Das war eine sehr emotionale Sache.

Unabhängig von dem Moment der Verleihung, was bedeutet der neunte Dan für dich? Du bist ja nun der höchste Dan-Träger im Shotokan in Deutschland.
Richtig. Eigentlich war ich ja – auf Deutsch gesagt – gar nicht „dran“. Eigentlich war Franz Bork dafür vorgesehen. Aber Franz ist leider im November 2012 verstorben und deswegen war ich der nächste. Das ist eine sehr große Ehre für mich. Das ist eine Auszeichnung, die bisher einmalig ist. Nach Fritz Nöpel bin ich der zweite Karateka, der im DKV den neunten Dan erhält. Und von den „Alten“ bin ich immer noch einer der jüngeren. Obwohl ich inzwischen auch schon 65 Jahre alt bin.

Als neunter Dan liegt ja schon ein langes Stück Karate-Weg hinter dir. Aber irgendwann musstest du auch erstmal anfangen. Wann und wie war das?
1965 bin ich angefangen. Da war ich 16. Wenn ich kurz ausholen darf: Ich war damals so ziemlich der Jüngste, fast alle waren älter als ich. Zur damaligen Zeit waren die jüngsten Karateka 17 oder 18 Jahre und die ältesten nicht mal 30 Jahre alt. Es gab auch keine Frauen, keine Kinder, keine Älteren. Das war natürlich ein ganz anderes Training. Man hatte auch eine andere Einstellung, die Leute ließen sich so einiges gefallen und das Training durfte sehr hart sein.

Und wie bist du überhaupt auf Karate gekommen? Das war ja damals nicht so verbreitet wie heute.
Richtig. „Karate“ – schon allein das Wort war damals ein Mysterium. Ich war gerade in der Lehre zum Maschinenschlosser und hatte schon ein Anmeldeformular fürs Judo-Training beim PSV Bochum in der Tasche. Da erzählte bei uns an der Feilbank jemand, in der Friederikastraße gäbe es einen Karate-Verein und da habe ich gleich ganz große Ohren gekriegt. Über Karate hatte man nur hinter vorgehaltener Hand etwas gehört. Also bin ich hin und war auch relativ begeistert, denn man wurde gefragt, warum, wieso, weshalb man überhaupt da war, wer uns davon erzählt hatte. Ich war mit einem Freund da. Wir mussten damals sogar ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Und um 21 Uhr mussten wir gehen. Da haben wir uns natürlich gefragt. „Was machen die denn da nach 21 Uhr?“ Als 16-Jähriger hat man natürlich Flausen im Kopf. Wir dachten, die trainieren dann die „tödlichen Techniken“ (lacht). So fing das also an und ich bin bis heute dabei geblieben.

Welche Momente auf deinem Karate-Weg sind dir noch besonders in Erinnerung geblieben? Du warst ja auch als Wettkämpfer sehr erfolgreich.
Eines der Highlights war natürlich 1970 in Saarbrücken, als ich als erster Deutscher überhaupt im Kumite- und Kata-Shiai Deutscher Meister geworden bin. Damals gab es keine Gewichtsklassen, keine Rücksicht auf Größenunterschiede, keine Faustschützer. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerade groß bin. Also musste ich immer gegen Größere kämpfen, ich war das gewohnt durch Franz Bork und Klaus Karpinski – die waren beide rund 1,90 m groß – für mich war das also kein Thema. Ein weiteres Highlight war 1973 die Weltmeisterschaft in Tokyo, wo ich den dritten Platz im Kata-Shiai erringen konnte. Ich war damals der erste, der die japanische „Phalanx“ durchdringen konnte. Später haben das natürlich auch andere geschafft, Efthimios Karamitsos zum Beispiel oder Carlo Fugazza.

Jetzt hast du schon ein paar Namen genannt – wer hat dich auf deinem Karate-Weg besonders geprägt, beeindruckt?
Vom Karate her natürlich zuallererst  Sensei Kanazawa. Er war von 1968 bis 1970 Bundestrainer im DKB. Und dann natürlich Meister Hideo Ochi, der mich beeinflusst hat, positiv natürlich. Und die Leute im Dojo Bochum: Franz Bork, Klaus Karpinsiki, Georg Warburg und später auch, nach seiner Rückkehr aus Japan, Horst Handel. Diese Leute haben mich geprägt.

Das war der Blick zurück. Wenn du nach vorne schaust, welche Ziele hast du noch?
Gesund zu bleiben mit und durch Karate. Es macht mir immer noch Spaß. Und ich bin immer noch ein Stück weit selbst Schüler. Ich bin immer noch interessiert. Mit meinen Schülern ist es manchmal ein Geben und Nehmen, da kann ich selbst immer noch lernen. Das hält mich jung und gesund. Der Gesundheitsaspekt ist mir schon lange wichtig. Deshalb habe ich 1999 mit Professor Hötzinger die DKV-Gesundheitstrainer-Ausbildung ins Leben gerufen und zehn Jahre lang unterstützt.

Was bedeutet Karate für dich?
Tja (überlegt). Was bedeutet Karate für mich? Karate ist Leben und Leben ist Karate. Karate gehört für mich also einfach dazu und ist immer lebensbegleitend gewesen.  Das ist noch heute so. Ich bin inzwischen zwar etwas kürzer getreten im Leistungsbereich, das hat mein Sohn Tim übernommen, aber wo ich noch mithelfen kann, tue ich das.

Könntest du dir ein Leben ohne Karate vorstellen?
Im Moment nicht. Nee. Wer weiß, wenn ich gesund bleibe, fit bleibe, ist das auch kein Thema. Man weiß ja nicht, was man noch so an Krankheiten bekommt – ich wünsche das natürlich niemandem und mir selbst auch nicht. Aber ich hoffe, dass ich bis kurz vor meinem letzten Atemzug Karate machen kann.

Wir sind ja hier im Budokan Bochum, in deinem Dojo. Kannst du darüber etwas erzählen?
Am 28.05.1999 haben wir den Budokan gegründet und sind erst durch fünf oder sechs verschiedene Turnhallen in Bochum getingelt, weil wir noch nicht den festen Standort hier an der Halbachstraße hatten. Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir diese Räumlichkeiten dann schließlich gefunden haben, in einer ehemaligen Kirche, die wir umgebaut haben. Hier können wir schalten und walten, wie wir möchten, wie in einer Mietwohnung, 24 Stunden am Tag. Das hat uns natürlich einen sehr großen Aufschwung gebracht. Wir haben viele Erfolge als Verein feiern können. Unser Vereinsleben gestalten wir auch sehr schön mit Feten, Ausflügen für die Kinder, Weihnachtsfeiern usw. Im Moment haben wir 330 Mitglieder. Neben mir sind noch mein Sohn Tim Milner und Karsten Czarra als Trainer dabei. Wobei ich selbst aktuell nur die Jukuren und die Oberstufe leite sowie beim Kata-Team in Sachen Bunkai helfe. Außerdem haben wir noch zwei oder drei Assistentinnen.

Du hast ja im Laufe der Zeit verschieden Verbände und Entwicklungen miterlebt. Was würdest du dir für den DKV und den KDNW für die Zukunft vielleicht noch wünschen?
Einfach noch mehr miteinander zusammenkommen. Noch etwas früher darüber reden, wenn Sachen einem nicht gefallen oder negativ aufstoßen. Miteinander ehrlicher sein, aufeinander zugehen. Um so gemeinschaftlich und gemeinsam den Karate-Weg auf Landes- und Bundesebene zu gehen und zu prägen.

Möchtest du sonst noch etwas sagen?
Im Moment nicht (lacht).

Danke für das Gespräch.

Interview und Foto: Eva Mona Altmann

Das Interview wurde vollständig mit weiteren Fotos in der Karate Aktuell 3/2014 und in gekürzter Form im DKV-Heft abgedruckt.

Die nächsten Termine:

mai

18mai10:0014:00SOK-Lehrgangsreihe SelbstverteidigungBottrop, Grundschule Schürmannstraße, Zugang über Straße Lichtenhorst

18mai(mai 18)10:0019(mai 19)14:00Lehrgang mit L. MaurinoBünde, Siegfried-Moning-Sporthalle

25mai9:0012:00Stilrichtungslehrgang Kempo: Kobudo - SaiWesel, Petristr.

25mai10:0014:00Stilrichtungslehrgang Wado-RyuDüsseldorf, Turnhalle Brehmschule

25mai10:0014:00SOK-Lehrgangsreihe KobudoKall

25mai10:0015:30Dansha-Lehrgang Goju-RyuSporthalle der TG Neuss

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