Aus unseren Dojos: „Buen Camino“ –Ein Karateka auf dem Jakobsweg (Ein Erfahrungsbericht von Alexander Kröger aus Bünde)

Aus unseren Dojos

„Rund 800 Kilometer zu Fuß mit dem Rucksack? Und deinen Karateanzug willst du auch mitschleppen?“ – Als ich Freunden von meiner bevorstehenden Tour erzählte,sah ich manchmal ein Lächeln, das irgendwo zwischen Mitgefühl und „Du bist wohl verrückt“ lag.

Über den historischen Jakobsweg nach Santiago de Compostela in Spanien. Als Pilger. Das ist etwas für mich, dachte ich, und plante meinen Start für Mitte Mai. Es gibt mehrere Jakobsweg-Routen, ich entschied mich für den „Camino Francés“, der vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port über die Pyrenäen führt. Offiziell sind es von dort bis Santiago 779 Kilometer. Und inoffiziell, mit ungeplanten Umwegen und manchen Ausflügen abseits des Weges? Nun, sagen wir einfach, dass meine Füße irgendwann aufgehört haben, mitzuzählen.

Für meine Pilgerreise nahm ich mir insgesamt knapp zwei Monate frei. Rund sechs Wochen für die Tour und ein paar anschließende Tage zur Erholung. Das ist mehr Zeit als diejenigen benötigen, die schnell marschieren. Aber für mich kam es überhaupt nicht auf Schnelligkeit an, sondern ganz im Gegenteil.

Im Wesentlichen hatte ich drei Gründe: Erstens wollte ich mich ganz bewusst etwas aus dem Alltag und dem Berufsstress zurückziehen, also eine Art Entschleunigung. Zweitens hatte ich mir vor ein paar Jahren vorgenommen, jedes Jahr etwas „Besonderes“ für mich zu machen. Diesmal war Spanien an der Reihe, und ich freute mich darauf, Land und Leute aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Drittens spielten auch religiöse Gründe eine Rolle. Zwar bin ich kein regelmäßiger Kirchgänger, aber evangelischer Christ und gläubig.

Santiago de Compostela gehört neben Jerusalem und Rom zu den bedeutendsten christlichen Pilgerzielen. Doch gläubig zu sein, ist keine Voraussetzung für den Jakobsweg: Manche gehen ihn zum Beispiel aus spirituellen Gründen oder weil sie diesen jahrtausendealten, besonderen Weg brauchen, um Lebensschicksale besser verarbeiten zu können. Es waren mehr Menschen unterwegs, als ich dachte. Mehr Frauen als Männer, die meisten stammten aus Europa, dann – meiner Beobachtung nach – aus Amerika, Asien und Australien, einzelne auch aus Afrika.

„Buen Camino“ – was so viel heißt wie „Guten (Jakobs)Weg“ war sehr oft zu hören. Es ist der freundschaftliche Gruß unter Pilgern, aber auch viele Einheimische grüßten uns so. Ich bin zwar allein losgelaufen, aber Kontakte zu knüpfen war leicht. Ob tagsüber auf dem Jakobsweg, abends beim Essen oder morgens beim Frühstück, irgendwie fand man immer zusammen.

Jeden Tag neue Landschaften und Erlebnisse: Es ging Berge rauf und runter, über sehr holprige Wege und asphaltierte Straßen. Kleine Dörfer säumten den Weg, Städte mit ihrem quirligen Nachtleben begeisterten selbst müde Pilger. Dann gab es auch endlos erscheinende Strecken durch die Meseta, die spanische Hochebene, wo es entweder frisch und kühl sein oder die Sonne gnadenlos brennen kann. Am Etappenziel angekommen, übernachten die meisten Pilger in Herbergen mit Mehrbettzimmern. Habe ich auch zweimal ausprobiert – war ganz nett, aber dann wählte ich lieber Einzelzimmer mit Bad.

In Burgos, einer Stadt mit rund 180.000 Einwohnern, ging ich Ende Mai zum Karate-Training: Über eine Internetrecherche hatte ich das Dojo Centro Ananko gefunden, dessen Trainingszeiten optimal mit meiner Etappenplanung zusammenpassten. Per E-Mail nahm ich Kontakt auf und erhielt prompt eine herzliche Einladung. Die Gelegenheit war besonders gut, da zufällig die Mitmach-Aktion „Tag der Freundschaft“ geplant war. Mitglieder konnten Freunde und Bekannte mit ins Training bringen, damit sie zwanglos und unverbindlich Karate kennenlernen. Mit mir als Gast aus Deutschland wurde daraus spontan ein „Internationaler Tag der Freundschaft“. Cheftrainer Fernando Martin Millana (7. Dan Shito-Ryu) begeisterte mit seinem umfangreichen Karate-Wissen. Ich empfand diese Mitmach-Aktion als eine sehr gute Trainerleistung und eine wundervolle Karate-Gemeinschaft.

Knapp zwei Wochen später passte auch in der alten Königsstadt León alles wieder perfekt: Auf meine Trainingsanfrage erhielt ich sofort eine Einladung von David Fernández Gómez (6. Dan Shotokan), in seinen Club Dos León. Vor dem Gebäude schaute ich wohl etwas fragend die Fassade hoch, denn eine freundliche Dame sprach mich an, ob ich zum Karate möchte und zum ersten Mal da sei, was ich wahrheitsgemäß bejahte. Führsorglich begleitete sie mich zum Fahrstuhl und brachte mich ins Dojo zu David, der mich herzlich begrüßte. Auch von den anderen Karateka wurde ich sehr gastfreundlich empfangen.

Auf dem Tatami traf ich meine Bekanntschaft vom Hauseingang wieder, die ein wenig überrascht war, dass ich schon länger Karate trainierte, als sie dachte. Aber auch ich – der meist in Sporthallen trainiert – war überrascht, denn die Mattenfläche schien mir auf den ersten Blick klein. Umso größer war mein Respekt vor Davids Leistung, wie er die Karateka nicht nur motivierte, sondern auch die begrenzte Fläche optimal zu nutzen wusste. Meine Erkenntnis daraus: Es ist überall Platz für Karate, nicht die Größe des Raumes ist entscheidend, sondern der Wille.

Auf dem langen Fußmarsch blieb ich glücklicherweise von fiesen Blasen an den Füßen verschont, dafür spürte ich meine Achillessehnen. Das ist meine persönliche „Sportlerkrankheit“, die ich zuhause dank täglicher Gymnastik gut im Griff habe, allerdings nicht bei den Belastungen des Jakobsweges. Hunderte von Kilometern spürte ich sie bei jedem Schritt. Aber ich will nicht jammern, denn man kommt Schritt für Schritt seinem Ziel näher – und ich kam Ende Juni glücklich und zufrieden in Santiago an.

Text und Fotos: Alexander Kröger

(ema)

Die nächsten Termine:

september

13sep(sep 13)18:0015(sep 15)17:00Ausbildung zum/zur Gesundheitstrainer:in - Teil 1Duisburg, Sportschule Wedau

15sep10:0014:30Dansha-Lehrgang Goju-RyuRheine, Sportpark des TV Jahn-Rheine 1885 e.V.

20sep(sep 20)18:0021(sep 21)18:00Ausbildung zum/zur Gesundheitstrainer:in - Teil 2Duisburg, Sportschule Wedau

21sep9:3018:00Shiatsu-Seminar mit B. MilnerBudokan Bochum e. V.

21sep10:0017:00KNDW-TagDuisburg, Sportschule Wedau

21sep10:0017:00Jubiläumslehrgang 50 Jahre Nippon-Karate-Sport Unna e.V.Unna, Sporthalle Unna-Süd

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