„Teki ni yotte tenka seyo. Tsune ni shinen kufu seyo“, so sagte schon Gichin Funakoshi. Und er meinte damit: „Wandle dich, abhängig von deinem Gegner. Denke immer nach und versuche dich ständig am Neuen.“ Die Corona-Pandemie zwingt uns, anders zu denken, neue Wege und Möglichkeiten zu finden, damit wir dem Karate treu bleiben können. Denn, auch das wusste der Vater des modernen Karate schon: „Karate wa yu no gotoshi taezu netsudo wo ataezareba moto no mizu ni kaeru.“ Oder auf Deutsch: „Wahres Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn du es nicht ständig wärmst.“ Und so wurde die Idee für den Digitalen KDNW-Tag geboren.
Den ersten kostenlosen Online-Lehrgang veranstaltete der Karate-Dachverbandes Nordrhein-Westfalen e.V. am Wochenende 16. und 17. Januar 2021 über die Plattform Zoom.
Die Teilnehmenden erwartete ein vielfältiges Angebot mit Theorie- und Praxiseinheiten zu unterschiedlichen Themen und für verschiedene Zielgruppen. Sogar die Lizenzverlängerung für Trainer*innen war bei Teilnahme an den entsprechenden Einheiten möglich.
Außerdem existierte mit diversen Unterräumen (sogenannte „Breakoutsessions“) quasi ein digitales Abbild der Infrastruktur eines realen Karate-Lehrgangs. Sie trugen klangvolle Namen wie „Kuchentheke“, „Mettbrötchenbüffet“, „Kaffeestand“ oder „Damenumkleide“ – hier konnten die Karateka zum zwischenmenschlichen Austausch zusammentreffen, der jeden guten Lehrgang erst perfekt macht und der gerade im Kontext der Corona-Kontaktbeschränkungen noch kostbarer geworden ist.
Am Samstagmorgen eröffnete KDNW-Präsident Rainer Katteluhn die Veranstaltung mit einer kurzen Begrüßung.
Landestrainerin Susanne Nitschmann leitete die erste Trainingseinheit, die sich unter dem Motto „Reaktion im Kumite“ speziell an Kinder und Jugendliche richtete. „Eigentlich setzt das natürlich einen Partner voraus“, räumte sie ein, „aber die Teilnehmer haben sich super auf die Interaktion mit mir eingelassen. Es hat einfach Spaß gemacht.“
Um 11.00 Uhr übernahm Schulsportreferentin Alexandra Höner das Zepter und unterrichtete „Techniken zur Schnelligkeit: Hikite und Körperspannung im Goju-Ryu“. Dabei gab sie Übungsbeispiele, wie das Prinzip der „Körperverwringung“ schnelle Bewegungen auf kurze Distanz ermöglicht. Sie freute sich besonders über das konzentrierte Interesse der Karateka und das positive Feedback im Nachgang: „Das fühlt sich gut an und lässt uns alle ein bisschen zusammenrücken!“
Zeitgleich referierte Jörg Kerschek zum Thema „SV-Praxis und Notwehrrecht“. Er arbeitete die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Karate und reiner Selbstverteidigung theoretisch heraus und gab praktische Beispiele, bevor er in das Notwehrrecht einführte. Ihn beeindruckte die Disziplin der Teilnehmer*innen: „Persönlich fand ich es sehr gut, dass niemand während der Unterrichts gestört hat und es anschließend viele qualifizierte Fragen und Stellungnahmen gegeben hat.“
Leistungssportreferent Detlef Tolksdorf brachte die Karateka zu Hause am Bildschirm mit einem speziellen „Beinkrafttraining fürs Karate“ zum Schwitzen. „Ein stabiler und sicherer Stand ist im Karate das A und O, das Fundament, die Basis jeder guten Technik in der Kata, im Kihon und im Kumite“, erläuterte er und betonte, die gezeigten Übungen seien überall und einfach durchführbar.
Landestrainer Christian Karras wandte sich mit seiner Einheit zu den „Grundschultechniken in verschiedenen Ständen“ speziell an Kinder und Jugendliche. „Ich hatte den Eindruck, dass alle sehr begeistert mitgemacht haben“, resümierte er später.
Parall dazu präsentierten Steffen Voigtländer (Referent Öffentlichkeitsarbeit im KDNW) und Eva Mona Altmann (KDNW-Pressereferentin) allen interessierten Dojoleiterinnen und Trainerinnen Informationen zum Thema „Vereinsleben 2.0 – Ins digitale Dojo und zurück“. „Wir wollten vor allem konkrete Tipps vermitteln, wie Karate-Dojos konstruktiv mit der Pandemie-Situation umgehen und möglichst unbeschadet oder vielleicht sogar gestärkt aus der Corona-Krise herausgehen können“, so die beiden Referent*innen.
Bundeskampfrichter und Stützpunkttrainer Frawi Tönnis unterrichtete die Kata „Bassai Dai – mal anders“, nämlich in der Frontalform, fast ohne Richtungswechsel, also angepasst an die teils beengten Raumverhältnisse im Wohnzimmer-Dojo.
Die letzte Einheit des ersten digitalen Lehrgangstages leitete KDNW-Geschäftsführer Horst Nehm. Er vermittelte die „Goju-Ryu-Kata Kururunfa“. Auch ihn beeindruckte die Ernsthaftigkeit der Teilnehmer*innen am Bildschirm: „Aus dem Feedback war zu erkennen, dass sie sich mit der Kata intensiv befasst haben.“
Den Auftakt am Sonntagmittag bildete der gut besuchte Dan-Anwärter*innen-Lehrgang unter Leitung von KDNW-Kampfrichterreferent Uwe Portugall.
Judith Niemann vermittelte in der ersten Praxiseinheit Möglichkeiten für „Goju-Ryu-Kata auf engstem Raum und die Anpassung der Prüfungsordnung“. Sie schlug vor, bei begrenztem Raumangebot den Trainingsschwerpunkt auf komplexe Kata-Passagen zu legen und präsentierte anschließend die pandemiebedingten Modifikationen für Gürtelprüfungen. Sie sah den positiven Effekt des aus der Not geborenen Veranstaltungsformates: „Mich hat beeindruckt, wie viele Karateka zur Goju-Ryu-Einheit gekommen sind – wir haben hier deutlich mehr Sportlerinnen und Sportler erreichen können als in den regulären Lehrgängen.“
Landestrainer Tim Milner unterrichtete „Kumite-Techniken für alle“. Er genoss es besonders, den Karateka einen Ersatz für ihr derzeit pausiertes reguläres Training bieten zu können.
Shotokan-Stilrichtungsreferent Bernd Milner übernahm im Anschluss und vermittelte Möglichkeiten, Heian-Katas und Kombinationen auf nur einem Quadratmeter zu trainieren. Und es gab sogar Partnerformen: „Danach habe ich als Angreifer die Karateka veranlasst, mit den acht verschiedenen Kombinationen zu blocken und zu kontern.“
Die Karate-Kids unter zehn Jahren erlebten bei Michael Bolder „Karate kreativ“. „Wir haben zum Beispiel eine Pratze aus Papier gebastelt. Und unter dem Motto ‚Sei dein eigener Trainer‘ Karteikarten beschriftet. Oder warum nicht mal die nächste Technik würfeln? Einige Karateka haben die Ideen im Chat für die anderen protokolliert, das fand ich super. Und als ich an die virtuelle Kuchentheke kam, bastelteten manche Kinder dort immer noch“, so der stellvertretende KDNW-Jugendreferent.
Kreativ ging es auch zu bei Amtskollege Dennis Dreimann (KDNW-Jugendreferent), der im Workshopraum eine „Ideensammlung zum Online-Training“ anleitete.
Beide gemeinsam verkündeten außerdem die Gewinner*innen des großen Malwettbewerbes.
Landestrainerin Schahrzad Mansouri gab die letzte Karate-Einheit, das Thema war „Sochin“. „Dies beinhaltete das Training der für diese Kata erforderlichen konditionellen Fähigkeiten und technischen Fertigkeiten, hierzu Mobilisation und Kräftigung mit Hilfe des Karate-Gürtels“, resümierte sie und ergänzte: „Ich habe mich sehr über die vielen Teilnehmenden gefreut! Ich freue mich aber auch, wenn wieder Lehrgänge stattfinden und wir uns alle wiedersehen können!“
Den entspannenden Abschluss des ersten Digitalen KDNW-Tages bildete „Dehnen und Mobilisieren“ mit Kira Lagmöller. Sie meint: „Ein Ausklang oder Cooldown gehört zu jedem guten Training dazu, um die bevorstehende Regenerationsphase des Körpers entsprechend einzuleiten. Ich nenne das ‚Wohlfühl-Dehnen‘. Angelehnt an das Yoga, wurde in dieser Einheit die Verbindung von Atmung und Dehnung hergestellt – wie beim Karate.“
Fast 500 Teilnehmer*innen und ein breites positives Feedback waren die ausschlaggebende Motivation für eine zweifache Neuauflage der Veranstaltung. Dabei flossen auch die konkreten Verbesserungsvorschläge aus der im Anschluss an den ersten Digitalen KDNW-Tag durchgeführte Umfrage in die Planung ein.
Der Digitale KDNW-Tag RELOADED #2 fand am Sonntag, den 21. Februar 2021 statt. Auf dem Programm standen im Praxisteil ein „Spezialtraining für Kids“ mit Landestrainerin Susanne Nitschmann, eine „Kurzform der Kata Jion“ mit KDNW-Masterstrainer Georg Karras, „Selbstverteidigung für Einsteiger*innen“ mit Johannes Bracke, „Kumite für alle“ mit Landestrainer Tim Milner, Leistungssportreferent Detlef Tolksdorf vermittelte diesmal „Krafttraining für den Oberkörper“ und Stilrichtungsreferent Peter Meuren unterrichtete „Wado-Ryu: Erzeugung von Wucht“. Im theoretischen Teil referierten Alexander Kröger (Journalist und PR-Berater) und Eva Mona Altmann (Pressereferentin) zum Thema „Pressearbeit im Verein – Tipps und Tricks“. Für den entspannenden Ausklang sorgte Shotokan-Stilrichtungsreferent Bernd Milner mit „Shiatsu: Selbstmassage fürs Wohlbefinden“. Insgesamt nahmen rund 260 Karateka teil.
Ebenfalls rund 260 Karateka besuchten den Digitalen KDNW-Tag RELOADED #3 am Sonntag, den 28. März 2021. Landestrainer Christian Krämer führte ein „Kids Spezial – Kumite“ durch, Wolfgang Stramka vermittelte „Selbstverteidigung“, Roman Lux bot „Karate-Training wie in Japan (Shotokan)“, Joachim Hölscher gab Einblicke ins „Shaolin Kempo – Kämpfen wie ein Drache“, Alexander Heimann unterrichtete „Kumite – Beinarbeit auf engstem Raum“, Laura Dreyer „Goju-Ryu-Kata“ und Frank Herholt „Kara-T-Robics“. In Vertretung von Heribert Rojek vermittelte Markus Orzechowski thereotische Hintergründe zur „Meditation – Warum und Wie und die Verbindung zum Karate“, Roman Lux führte in die „Japanische Kalligraphie“ ein und Foto-Profi Dr. Hans-Peter Schaub gab Tipps zum Thema „Schnelle Action – gute Bilder“.
Für die Planung aller drei Lehrgänge zeichnete vor allem Susanne Nitschmann aus der KDNW-Geschäftsstelle verantwortlich, das technische Set-Up leistete der Referent für Öffentlichkeitsarbeit Steffen Voigtländer, bei der Moderation unterstützt von Pressereferentin Eva Mona Altmann. Besonderer Dank gilt dem USC Duisburg und dem Budokan Bochum, die ihre Räumlichkeiten für die Durchführung und Übertragung der Trainingseinheiten zur Verfügung stellten. Und nicht zuletzt haben natürlich die Referent*innen und Teilnehmer*innen zum Erfolg maßgeblich beigetragen, die sich offen und diszipliniert auf das neue Format einließen und die auch vereinzelte kleinere technische Schwierigkeiten nicht beirren konnten.
In Kürze wird es auf dem KDNW-YouTube-Kanal ein kurzes Aftermovie sowie einige der Trainingseinheiten als Re-Live geben.
Text: Eva Mona Altmann
Bilder: Steffen Voigtländer, Eva Mona Altmann
(ema)