„Clemi“ kann Karate – oder: Holland statt Italien

Vor vielen Jahren hörte ich einen Radiobeitrag über Eltern, deren Kinder das sogenannte Down-Syndrom haben. Dort verglich Emily Perl Kingsley ihre Schwangerschaft mit einer Reiseplanung nach Italien. Sie habe sich vorbereitet und gefreut. Aber das Flugzeug wurde umgeleitet und sie landete stattdessen in Holland. Natürlich war sie traurig, was sie alles nicht sehen und erleben würde. Aber irgendwann begriff sie: „Wenn du dein Leben damit verbringst, der verlorenen Italienreise nachzutrauern, wirst du nie offen dafür sein, die einzigartigen und wundervollen Dinge genießen zu können… in Holland.“

In der Kindergruppe des Hakuda Karate Dojo im Haaner Turnerbund 1890 trainiert seit circa drei Jahren der zwölfjährige Clemens Lausch. Stolz trägt „Clemi“, wie er liebevoll genannt wird, inzwischen seinen gelben Gürtel. Den hat er sich selbstverständlich, wie alle anderen, durch hartes Training und Prüfung verdient. Gemeinsam mit den anderen Hakuda-Kids trainiert er fleißig und man merkt sofort: Er ist respektiert!

Doch etwas unterscheidet Clemens von den anderen. Wenn Clemens spricht, müssen Alexandra Höner und die anderen Trainer öfter nachfragen. Dann helfen die Kinder sofort. Sie verstehen ihn meist sehr gut. Auf Grund des Down-Syndroms kann Clemens nicht so deutlich sprechen wie andere Kinder in seinem Alter. Aber er führt seine Übungen mit einem kraftvollen „Kiai“ aus. Auch beim Zählen und Kommandosgeben ist er laut und deutlich mit dabei.

Aktuell bereitet er sich auf seine Prüfung für den 7. Kyu vor. Dafür muss er auch die Kata Gekisai Dai Ichi beherrschen. Seine Trainer sehen ihn auf einem sehr guten Weg. Auch wenn manche Übungen ihm etwas schwerer als einem anderen Zwölfjährigen fallen und die Konzentrationszeit etwas geringer ist – Clemens gibt immer alles. Seine Lieblingstechnik ist der eingesprungener Fußstoß Tobi-Geri. Er mag Action in den Übungen.

Seine zehnjährige Schwester Clarissa findet es toll, dass er mit ihr zusammen trainiert. Sie korrigiert ihn liebevoll und er lässt es meist zu. Beide haben Spaß in den Partnerübungen.

Wenn Clemens einen „Assistenten“ hat, funktionieren die Katas sehr gut. Ganz allein vergisst er schon mal die Richtung und wird „kreativ“. Wenn die Konzentration zu sehr nachlässt, macht „Clemi“ zwischendurch etwas Eigenes für sich. Wenn es aber darum geht, gemeinsam zu spielen oder etwas zu entscheiden, ist er voll dabei und alle nehmen ihn und seine Vorschläge ernst.

Neben Alexandra Höner (6. Dan) trainieren der 15-jährige Noah Höner (4. Kyu) und Gregor (3. Kyu) die Kindergruppe. Allgemein wird derzeit viel über Inklusion geredet. Dabei dreht es sich oft darum, was nicht geht und welche Ausbildung oder Unterstützung man braucht. Das mag stimmen. Doch Alexandra Höner und die anderen Hakuda-Trainer haben keine spezielle Ausbildung für den Umgang mit besonderen Kindern erhalten. Sie sprangen alle (Trainer und Kinder) gemeinsam mit Clemens ins „kalte Wasser“ und lernten auf wundervolle Art schwimmen.

Wenn man mit offenen Augen durch die Kinderwelt geht, wird man noch mehr solche Beispiele sehen. Da ist der Junge, der auf Grund einer Muskelerkrankung auf den Elektrorollstuhl angewiesen ist. Für die Kinder um ihn herum ist er selbstverständlich einer von ihnen. Oder der Trainer in Solingen, der einfach nicht akzeptieren wollte, dass es behinderte Kinder geben soll, die nicht Fußball im Verein spielen können. Kinder mit Handicap nehmen anderen Kindern nichts weg. Sie brauchen eine gesellschaftliche Akzeptanz, die sie an den gleichen Dingen teilhaben lässt wie andere Kinder. Denn nur so können sie ihr Potenzial zeigen und enfalten. Und sie brauchen Vereine wie das Hakuda Karate Dojo, die einfach sagen: „Ja klar kannst du bei uns trainieren.“ Nicht nur das betroffene Kind profitiert, auch die sozialen Kompetenzen der anderen Kinder steigt dadurch.

Text und Foto: Alexandra Höner

Clemens

Die nächsten Termine:

april

27apr10:0014:00Prüfer:innenlehrgang Wado-RyuDüsseldorf, Turnhalle Brehmschule

28apr10:0018:00Landesmeisterschaft Jugend, Junior:innen, u21Oberhausen, Willi Jürissen Halle

mai

04mai10:0022:00Cologne OpenKöln, Gesamtschule Stresemannstraße

10mai(mai 10)19:3011(mai 11)7:30Krefelder Kata-NachtKrefeld-Zentrum

11mai16:3017:30Mitgliederversammlung der Stilrichtung GOJU-Ryu im KDNWKamen, Schulzentrum, Halle 2, erstes Drittel

18mai10:0014:00SOK-Lehrgangsreihe SelbstverteidigungBottrop, Grundschule Schürmannstraße, Zugang über Straße Lichtenhorst

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