Aus unseren Dojos: Lehren aus der Pandemie – Corona ist der größte Gegner

Der Nippon-Karate-Sport Unna hat frühzeitig auf die Pandemie reagiert und das Training komplett umgestellt. Vereinsspitze und Trainer:innen haben neue Konzepte erarbeitet, um Infektionsrisiken zu vermeiden und trotzdem Karate zu ermöglichen. Nach neun Monaten im Online- und Outdoor-Dojo fällt die Bilanz positiv aus. Nicole Kipphardt steht im Gi auf dem Wohnzimmerteppich. Sie zieht den schwarzen Gürtel straff, rückt ihr kabelloses Headset zurecht und sagt: „Musubi dachi rei“. Sie verneigt sich vor dem Computerbildschirm, dann beginnt das Oberstufentraining. Nebenan, im Schlafzimmer, sitzt Ehemann Wolfgang Stramka vor seinem Bildschirm. Der Cheftrainer achtet genau auf die Bewegungsabläufe der 24 Teilnehmer:innen. Sie absolvieren die Heian Shodan Renshuho an den unterschiedlichsten Orten – in der Garage, in der Küche, im Keller, unterm Dach –, privater Raum statt Halle, so bleiben sie vor Corona geschützt.

Trainerin Kipphardt (4. Dan) bietet ein anstrengendes Programm mit Warm-up, Kata, Kihon und Krafttraining. Stramka (6. Dan) spricht zwischendurch übers Mikro einzelne Karateka an, gibt Tipps, lobt. Am Ende sind alle schweißgebadet.

Kipphardt und Stramka sind ein eingespieltes Team. Manchmal tauschen sie, dann macht er das Training und sie übernimmt die Qualitätssicherung. Sie haben Routine entwickelt, selbst bei technischen Problemen. Doch die bleiben die Ausnahme, die Verbindung ist meist stabil.

Seit März 2020 hat es, abgesehen von wenigen Malen im Sommer, kein Hallen-Training mehr gegeben, keine Zweikämpfe, kein Kumite, keinen Körperkontakt – eigentlich undenkbar beim Karate. Prüfungen und Feiern sind ausgefallen, die Jahreshauptversammlung fand digital statt. Das gewohnte Vereinsleben hat sich durch Corona dramatisch verändert.

„Wir haben unser Training flexibel und schnell an die jeweils aktuelle Situation angepasst. Wir richten uns danach, was gerade erlaubt und möglich ist. Wir achten auf die Infektionszahlen“, erzählt Kipphardt. Vereinschef Andretzki beschreibt die Haltung mit einem Seneca-Zitat: „Wer willig ist, den führt das Schicksal, und wer sich sträubt, den schleppt es mit Gewalt.“

Vereinsführung und Trainer:innen gehören eindeutig zu den Willigen. Es gab vereinzelt Diskussionen mit Mitgliedern, die Pandemie und Lockdown in Frage stellen, doch die Mehrheit teilt diese Haltung und ist von der Online-Variante begeistert. „Die Situation ist, wie sie ist, und wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Wir sind vom positiven Denken geprägt. Wir suchen nicht das Haar in der Suppe sondern das Fettauge“, sagt Heinrich augenzwinkernd. Sie entschieden sich beim Online-Training für die Konferenzplattform Webex und für den zweiten Trainer am Bildschirm als Kontrollorgan. Stramka übertrug das Konzept auf den Partnerverein TSC Eintracht Dortmund, wo er seit vielen Jahren als Abteilungsleiter und Trainer aktiv ist. Dort kümmern sich Hasan Gürgen und Phong Nguyen um den veränderten Trainingsbetrieb. Der befreundete Shotokan Karate Dojo e.V. hat die Anregung ebenfalls übernommen. So ist ein intensivierter Austausch zwischen den Vereinen entstanden. Die Mitglieder können dreimal wöchentlich insgesamt elf gemeinsame Trainingszeiten nutzen: Vier für Kinder und Jugendliche, je drei für Unter- und Oberstufe. Es schalten sich sogar Karateka aus Leipzig, Erkrath und Münster dazu. Das Training wurde von 90 Minuten in der Halle auf 45 Minuten online verkürzt. Unter- und Oberstufe können aber auch das jeweils andere Online-Angebot nutzen. Die Anpassung ist nicht zuletzt dem gestiegenen Aufwand der Trainer:innen geschuldet.

Die Umstellung ist groß: Die Trainer:innen müssen vor allem den eingeschränkten Bewegungsradius von etwa zwei Quadratmetern berücksichtigen. „Wir sind mit weniger Komplexität gestartet, aber inzwischen machen wir anspruchsvolle Sachen“, sagt Stramka. Kipphardt hat Kraftübungen für die Core-Stabilität eingebaut. „Wir sind dadurch vielseitiger geworden“, sagt Stramka. Und: „Ein qualitativ hochwertiges Training bleibt möglich.“

Trotz kürzerer Einheiten und kleinerem Raum ließen sich Komplexität und Anspruch steigern. Denn das Training zu Hause erfordert deutlich mehr Wendungen. Stände, Gewichts- und Kraftverlagerungen rücken stärker in den Fokus. „Wir müssen komplett umdenken. Die Kata habe ich in Sequenzen geteilt. Der Vorteil ist, dass man sich so die einzelnen Abläufe bewusster macht“, sagt Kipphardt. Beide arbeiten mit dem Uhrprinzip: Blick zum Bildschirm 12 Uhr, rechts 3 Uhr, Rücken zum Bildschirm 6 Uhr, links 9 Uhr.
Beim isolierten Training daheim benötigen die Karateka genauere Anweisungen als in der Halle, wo man sich notfalls am Nachbarn orientieren kann. „Es läuft viel über Audio. Die Bewegungsbeschreibung muss ausführlicher sein“, sagt Kipphardt.

Nach den Erfahrungen der vergangenen Monate traut sich der Verein auch eine Online-Prüfung zu, zumindest für Kinder und Jugendliche. „Wir haben festgestellt, dass sie einen Anreiz brauchen. Sie haben das ganze Jahr trainiert und fragen, wann sie Prüfung machen können“, erzählt Vereinschef Andretzki.

Die Verantwortlichen freuen sich, dass sie das Vereinsleben retten konnten. Die Mitgliederzahlen sind stabil. Man sieht sich auf dem richtigen Weg. Allen fehlt der Zweikampf, das macht Karate aus. Solange das Infektionsrisiko aber zu hoch ist, bleibt man vorsichtig. „Eine der Eigenschaften im Karate ist, sich auf den Gegner einzustellen“, sagt Andretzki. Und Corona ist momentan der größte Gegner.

Text: Kristian Frigelj
(ema)

Die nächsten Termine:

dezember

07dez(dez 7)9:0008(dez 8)14:30Trainer:innen- B – Ausbildung, Breitensport - Teil 3Hachen, Sportschule

13dez(dez 13)18:0015(dez 15)13:00AusgebuchtKlausur: Karate-dô und MeditationHachen, Sportschule

januar

11jan8:0022:00Rhein ShiaiNürburgring Arena

18jan10:0013:00Dananwärter:innen-LehrgangTSC Eintracht Dortmund

18jan10:0017:00Trainer:innen- C – Ausbildung, Leistungssport - Teil 1TSC Eintracht Dortmund

18jan13:0018:00KDNW-Trainer:innenmeeting 2025TSC Eintracht Dortmund

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