LM Kinder & Schüler 2012: Interview mit Thomas Prediger (Landestrainer, Leistungssportreferent)

Thomas, wie hat sich unser Karate-Nachwuchs denn bei der LM präsentiert, wie ist dein Eindruck von den Leistungen der jungen Sportler(innen)?

Mir ist aufgefallen, dass die Sportler insgesamt hoch motiviert an die Sache rangehen. Dabei konnte man teilweise sehr gute Leistungen beobachten. Einige Vereine leisten hier gute Aufbauarbeit. Aber die Leistungen waren nicht durchweg gut. Es waren auch viele Kinder dabei, für die das die erste Wettkampfteilnahme überhaupt war. Es lässt sich schon ein starkes Leistungsgefälle beobachten und es sind einige Sportler dabei gewesen, die (noch) nichts bei einer LM zu suchen haben. Das liegt natürlich auch daran, dass keine Qualifikation erforderlich ist, es kann sich jeder melden und an den Start gehen. Dies ist zum einen zwar gewollt, das Niveau der Meisterschaft leidet aber in gewissem Sinne darunter. Es ist immer schwierig, wenn ein sehr schwacher Sportler auf der Matte steht, dessen Trainer vielleicht außerdem nicht besonders sicher im Regelwerk ist – für den Gegner genauso wie für die Kampfrichter, die das Regelwerk anwenden müssen.


Würdest du dich also dafür aussprechen, wieder eine Qualifikation über die Bezirksmeisterschaften einzuführen oder generell an die Trainer appellieren, dass sie die Turnieranfänger nicht unmittelbar zu den Landesmeisterschaften schicken?

Diese Empfehlung möchte ich auf jeden Fall an alle Trainer richten, dass sie ihre Anfänger zuerst zu den Bezirksmeisterschaften schicken. Ich bin grundsätzlich auch für eine Qualifikation über die BMs, das Problem dabei ist zum einen das Gewicht, also die Einhaltung der Gewichtsklasse bis zum nächsten Turnier. Zum anderen ist der organisatorische Aufwand, die Verwaltung der Daten sehr hoch, deshalb gibt es aktuell keine Qualifikation im Kinder-/Schülerbereich. Dies wird aber im Leistungssportbereich diskutiert, da durch diese Maßnahme sowohl die LM als auch die BMs aufgewertet werden würden, die Situation würde sich entzerren. Ich bin für eine Qualifikation. Der jeweilige Aufwand für die Vereine und die Eltern ist dann auch geringer – die Anfahrten sind kürzer als bei den Landesmeisterschaften.

 

Wenn du so zurückschaust und die LM 2012 mit den Vorjahren vergleichst, welche Veränderungen und Entwicklungen stellst du fest? Gibt es einen Trend?

Man beobachtet schon einen Trend. Und zwar ist es im Kumite, gerade bedingt durch den frühen Einstieg, ziemlich sportlich geworden. Das ist jetzt nicht negativ zu sehen. Die Körperlichkeit und die Kondition sieht man aber nur bei einigen wenigen. Kondition heißt nicht nur Ausdauer, sondern auch Kraft, Beweglichkeit und Schnelligkeit. Was ich persönlich gut finde, ist, dass viele diesen Wettkampf eher „spielen“. Mir wäre wichtig, den Stellenwert der Landesmeisterschaft etwas niedriger zu setzen, denn gerade im Kinder- und Schülerbereich ist der Wettkampf immer nur eine Momentaufnahme. Und im Kumite sind erste Erfolge relativ schnell möglich. Dagegen ist der Kata-Bereich wirklich sehr trainingsintensiv. Ich bin kein Traditionalist, aber ich würde mir in beiden Bereichen schon etwas mehr Körperlichkeit wünschen. Aber viele Kinder stehen auch unter extremem Stress – der Erwartungsdruck durch die Trainer und die Eltern ist oft zu groß. Einige greifen deshalb zu fiesen Tricks. Ich habe z.B. einen Kampf beobachtet, wo beide Sportler sich Chudan getroffen haben und der eine fasst sich dann an den Hals, damit der Gegner bestraft wird. Das finde ich nicht gut. Wenn die Leistungen der Sportler stabiler sind, kommt so etwas nicht mehr so häufig vor.

 

Du rätst den Trainern also, mehr an einer soliden Basis ihrer Athleten zu arbeiten?

Genau, mir werden da zu wenig die Grundlagen trainiert. Es sollte gelten: Das Training ist Ernst, der Wettkampf ist Spaß. In diesen Altersklassen muss Wettkampf spielerisch sein. Wenn da zwei mit hochroten Köpfen voreinander stehen als wenn es um die Weltmeisterschaft ginge, dann ist das nicht der Sinn der Sache. Es geht doch letztlich nicht um das Erringen dieses einen Landesmeister-Titels, sondern darum, einen Sportler langfristig für die Leistungsklasse aufzubauen, der dann auch Spaß an der Sache hat, engagiert ist und somit auch für den Verband dienlich ist.

 

Wie ist dein Eindruck ansonsten von der LM, was ist dir besonders aufgefallen?

Für mich zählt nicht so sehr die punktuelle Leistung bei der LM, sondern die Entwicklung. Also, welcher Sportler war schon öfters bei der LM, bei BMs und auch bei anderen Turnieren erfolgreich dabei und wer bringt kontinuierliche Trainingsleistungen. Positiv zu bewerten ist, dass einige Vereine eine sehr breite Nachwuchsarbeit leisten. Der Verein von Alexander Heimann ist z.B. noch relativ jung, war aber mit sehr vielen Startern (ca. 25) vertreten, von denen es einige auch bis ins Finale schafften und zur Deutschen fahren werden. Natürlich ist Quantität nicht gleich Qualität, aber irgendwo muss man anfangen und wenn Betreuer und Eltern die Sache so unterstützen und auch weite Anfahrten in Kauf nehmen, ist das doch toll. Dabei ist es aber auch immer wichtig, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Ein Wettkampf ist ein Wettkampf und wenn mein Schüler verliert, kann ich nicht einfach den Kampfrichtern die Schuld geben. Wir machen doch Karate-Do, eine Kampfkunst.

 

Kampfrichter gesuchtAnfang 2012 hat es umfassende Änderungen am Kumite-Regelwerk gegeben. Wie werden diese aus deiner Sicht gerade im Kinder-/Schülerbereich umgesetzt?

Das Regelwerk an sich finde ich gut. Es gibt mehr Transparenz. Was die Umsetzung betrifft, gilt natürlich: Wo Menschen sind, da passieren auch Fehler. Es sind sich noch nicht alle bewusst, dass jetzt die Seitenkampfrichter das Sagen haben und nicht mehr der Hauptkampfrichter. Die Seitenkampfrichter müssen also hellwach sein und sich gegenseitig schnell unterstützen, dann haben sie auch eine gute Außenwirkung. Im Kampfrichterwesen gibt es ein Nachwuchsproblem. Bei dieser LM musste im Verlauf des Wettkampftages eine der vier Matten aufgelöst werden, damit auf den verbleibenden drei Matten im neuen System mit vier sitzenden Kampfrichtern, einem Hauptkampfrichter und einem Kansa gearbeitet werden konnte. Wir müssen uns alle bemühen, die Position des Kampfrichters aufzuwerten, attraktiver zu machen. Hier sind die Vereine besonders gefragt: Zum einen sollten sie nicht so viel über die Kampfrichter schimpfen, denn das ist ein Grund, warum die Leute nicht Kampfrichter sein wollen. Zum anderen müssen sie sich bemühen, ehemalige Wettkämpfer für diese Aufgabe zu gewinnen, denn diese bringen auch die nötige Eignung dafür mit.

 

Bei der DM Jugend & Junioren im Juni hat NRW Platz 1 im Medaillenspiegel belegt. Eine fantastische Leistung. Wie schätzt du die Chancen unserer Schüler bei der DM in Coburg Ende Oktober ein? 

Ich bin vorsichtig mit Prognosen, da ja im Schülerbereich eine recht hohe Fluktuation besteht. Das ist auch Tagesform und da spielen viele Faktoren rein: Sind die Eltern mitgefahren? Ist jemand krank geworden? Aber ich denke schon, dass wir uns auch hier im oberen Bereich mitbewegen werden. Man darf die kleineren Landesverbände nicht unterschätzen, wie z.B. Thüringen oder Rheinland-Pfalz, die sich besser zusammenziehen können. Die organisieren z.B. einen Bus und reisen alle gemeinsam an – der emotionale Zusammenhalt ist dann natürlich sehr groß und das bringt vielleicht den entscheidenden Punkt. Aus NRW reisen die Starter oft alleine aus den verschiedenen Bezirken an und da wir auf der DM nur 8 Betreuer haben dürfen, ist es dann ja meist so, dass der Heimtrainer nicht dabei ist und auch die Eltern nicht mit an der Matte sind, so dass der Sportler sich manchmal schon etwas verloren fühlen kann. Wir versuchen das natürlich durch direkte Vorbereitungslehrgänge abzufangen, um den Kontakt vorab herzustellen, aber daran nehmen leider nicht alle teil. Trotzdem denke ich, dass wir es im Medaillenspiegel in die Top 5 schaffen können.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Das Interview führte Eva Mona Altmann, Pressereferentin KDNW.  

Foto: Prediger

 

 

 

 

Die nächsten Termine:

juli

18jul(jul 18)10:0029(jul 29)18:00AusgebuchtFerienfreizeit für Kids von 12 bis 17 JahrenKroatien, Campingplatz Kozarica

august

15aug(aug 15)11:0018(aug 18)13:00AusgebuchtTrainerassistent:innen AusbildungNettetal, Sport- und Erlebnisdorf Hinsbeck

17aug10:0017:30Kata/Bunkai-Lehrgang mit D. Herbst und T. SchmitzBonn, Sporthalle der Gottfried-Kinkel Grundschule

17aug14:0016:00Stilrichtungslehrgang ShotokanBünde

18aug10:0012:00Stilrichtungslehrgang ShotokanBudokan Bochum e. V.

25aug10:0014:00Stilrichtungslehrgang Goju-RyuKamen, Turnhalle am Gymnasium

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